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Die glorreichen Sieben

Lübbecke ist weit mehr als seine Kernstadt. Der besondere Reiz der Stadt am Wiehen liegt in der Vielfalt der gewachsenen dörflichen Strukturen und deren Eigenheiten. In Lübbeckes Ortsteilen ist Geschichte ebenso lebendig wie die Dorfgemeinschaften.

Alswede

1(MittelalterlicheInnenstadt&lebendigeDörfer)-2(Dörfer)-WappenAlswede

Die Bauerschaft Alswede wird erstmals zum Jahre 1224 erwähnt. Ihre noch deutlich ältere Kirche, die dem Apostel Andreas gewidmet ist und im Laufe der Jahrhunderte mehrmals umgebaut und erweitert wurde, ist eine tecklenburgische Gründung. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben viele Flüchtlinge in dem heute durch den Mittellandkanal nach Norden hin begrenzten Ort eine neue Heimat gefunden.

Bis Ende 1972 gehörten die Bauerschaften Alswede, Fiestel und Gestringen zur Gemeinde Alswede. Mit der Gebietsreform wurde die Bauerschaft Alswede als nordwestlichster Ortsteil der Stadt Lübbecke angegliedert, Fiestel und Gestringen der Stadt Espelkamp.

Im Laufe der Jahre ist in Alswede eine neue Dorfstruktur entstanden. Durch Siedlungstätigkeit und Ausweisung von Industrie- und Gewerbeflächen hat das Dorf eine unübersehbare Verstädterung erfahren. Gleichwohl laden malerische Grünflächen und der Kanal zum Spazierengehen und Verweilen ein. Einen Abstecher wert sind auch das nahe gelegene spätbarocke Wasserschloss Hüffe mit reizvollem Landschaftspark und das Rittergut Hollwinkel.

Blasheim

1(MittelalterlicheInnenstadt&lebendigeDörfer)-2(Dörfer)-WappenBlasheim

Im Westen Lübbeckes an der alten Heerstraße (B 65) liegt das Dorf Blasheim, erstmals in der Amtszeit des Mindener Bischofs Milo (969-996) urkundlich erwähnt. Ältestes Bauwerk ist die evangelische St. Marienkirche, deren Ursprung ins 13. Jahrhundert reichen soll. Sie war ursprünglich eine Eigenkirche der Grafen von Tecklenburg. Seit 1491 besitzt Blasheim das volle Pfarrrecht. Nach mehreren Um- und Anbauten in den vergangenen Jahrhunderten hat das Gotteshaus seit 1911 seine heutige Erscheinung.

Zusammen mit den anderen zentralen Einrichtungen wie Friedhof, Kindergarten, Grundschule, Praxen, Banken und Einzelhandel versorgt Blasheim auch die beiden Nachbardörfer Obermehnen und Stockhausen. Bauernhöfe und gut erhaltene Fachwerkhäuser bestimmen das Dorfbild. Abseits des Ortskerns liegt nördlich das ehemalige Gut Groß Eikel mit Torhaus und Wassergraben.

Zahlreiche Vereine, darunter mit dem BSC Blasheim einer der mitgliederstärksten Sportvereine im ganzen Stadtgebiet, zeugen von einer lebendigen Dorfgemeinschaft. Herausragendes Ereignis für das Dorf und darüber hinaus die Stadt und die ganze Region ist der jährlich am ersten Septemberwochenende stattfindende Blasheimer Markt. Das Volksfest hat sich bereits im Mittelalter aus einem Kirchweihfest entwickelt und zählt mittlerweile mit jährlich rund 300.000 Besuchern zu den größten und bedeutendsten der Region.

Eilhausen

1(MittelalterlicheInnenstadt&lebendigeDörfer)-2(Dörfer)-WappenEilhausen

Mühlen bestimmen die Erscheinung des kleinsten Lübbecker Ortsteils, der 1300 erstmals urkundlich erwähnt wird. Der preußische König Friedrich II. erteilte 1748 die Anordnung zum Bau einer Windmühle in Eilhausen. Bis heute zeigt die Bezeichnung Königsmühle, dass es sich um eine landesherrliche Mühle handelte. Direkt am östlichen Ortseingang an der B 65 gelegen, gilt sie samt Müllerhaus als Wahrzeichen Eilhausens und eine der schönsten der rund 40 Mühlen an der Westfälischen Mühlenstraße.

Fast zwei Jahrhunderte lang wurde an der Holländer Windmühle, deren Rumpf zwischenzeitlich erhöht worden war und bei der die Ausrichtung der Flügel nur über die Mühlenhaube erfolgt, Getreide gemahlen. Sie ist nach wie vor voll funktionstüchtig und wird seit 1994 im Sommer einmal monatlich von der Mühlengruppe zu Mahl- und Backtagen betrieben. Im historischen, voll ausgestatteten Müllerhaus können Besucher in die Geschichte eintauchen und selbst erleben, wie eine Müllerfamilie im vergangenen Jahrhundert gelebt hat.

Etwas weiter westlich steht an der B65 eine ebenfalls funktionsfähige und restaurierte, aber nicht mehr betriebene Wassermühle. Der eingeschossige, kleine Bruchsteinbau mit Fachwerkgiebel, Satteldach und oberschächtigem Wasserrad stammt aus dem 17. Jahrhundert.

Gehlenbeck

1(MittelalterlicheInnenstadt&lebendigeDörfer)-2(Dörfer)-WappenGehlenbeck

Das über 1.000 Jahre alte Kirchdorf Gehlenbeck erstreckt sich vom Kamm des Wiehengebirges bis zum Großen Torfmoor. Das Ortsbild wird unter anderem durch die bis 1495 zu einem gotischen Gotteshaus umgebaute St.-Nikolaus-Kirche geprägt. Mehrere sehenswerte und zum Teil über 200 Jahre alte Fachwerkhöfe sind Kennzeichen des Dorfs. Einer von ihnen ist das Gehrmker Hius, ein vom Heimatverein restauriertes und zur Pflege von Geschichte, Kultur und Brauchtum genutztes Dorfgemeinschaftshaus.

Ein Zigarrenarbeiter-Denkmal in der Ortsmitte erinnert an die große Bedeutung der Zigarrenindustrie, die ab 1860 vielen Kleinbauern und Heuerlingen Arbeit und Brot gab. Der Rittersitz Renkhausen nördlich von Gehlenbeck wurde erstmals 1278 urkundlich erwähnt. Das reizvolle Herrenhaus im Neorenaissance-Stil, der alte Park, die Rentei und weitere, ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Gebäude sind ein lohnendes Ausflugsziel in der Nähe von Moor und Kanal.

An das frühere Rittergut Grappenstein, das bis heute landwirtschaftlich genutzt wird, erinnern noch Mauerreste und ein Eckturm mit Schießscharten und Wappenstein.

Nettelstedt

1(MittelalterlicheInnenstadt&lebendigeDörfer)-2(Dörfer)-WappenNettelstedt

Der ohne Zweifel namentlich bekannteste Ortsteil Lübbeckes ist Nettelstedt. Der Ruf des Ortes, dessen erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahr 1033 datiert, gründet sich auf aufsehenerregende internationale Erfolge im Handballsport.

Der „amtierende Deutsche Vizemeister im Feldhandball“, wie sich der dreimalige Europapokalsieger TuS Nettelstedt mit Blick auf die unglückliche Finalniederlage in der 1975 letztmals ausgetragenen Meisterschaft gleichermaßen stolz und selbstironisch nennt, ist bis heute (als TuS N-Lübbecke) das sportliche Aushängeschild der Stadt. Er ist einer von nur drei Clubs in ganz Deutschland, die seit Gründung der Handball-Bundesliga durchgehend in der ersten oder zweiten Liga vertreten sind.

Neben dem Handball ist Nettelstedt bekannt für seine Freilichtbühne »Hünenbrink« am Hang des Wiehengebirges, eines der ältesten Amateur-Freilichttheater Deutschlands. Ende der 1920er Jahre ins Leben gerufen, diente es einst vorrangig der Finanzierung eines hier initiierten und deutschlandweit einmalligen Hilfswerks für erkrankte Kinder. Die Freilichtbühne agiert bis heute mit beachtlichem Erfolg und bietet in den Sommermonaten anregende Unterhaltung für Groß und Klein.

Auch in Nettelstedt führte der Strukturwandel des 19. Jahrhunderts zu einer Blüte der Zigarrenindustrie. Zu Beginn der 1930er Jahre begann dann der Aufschwung der örtlichen Textilindustrie, die einige Jahrzehnte lang ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für das ganze Lübbecker Land sein sollte und auch eng mit der Geschichte des Handballs verknüpft ist.

Obermehnen

1(MittelalterlicheInnenstadt&lebendigeDörfer)-2(Dörfer)-WappenObermehnen

Der Mühlenbach, der früher bis zu zwölf Mühlräder antrieb, durchzieht Lübbeckes südwestlichsten Ortsteil, Obermehnen. Die letzte Mühle stellte 1970 ihren Betrieb ein. Idyllische Plätze entlang des Bachs und der Blick vom Berg ins Tal sind von besonderem Reiz. Zum Verweilen lädt auch der „Kummerbrink“, ein ehemaliger Steinbruch, der zur Begegnungsstätte ausgestaltet wurde.

Eine an der nahegelegenen Obermehner Klus angebrachte Steinplatte aus dem Jahr 1723 benennt die zur Zeit des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. erlassenen Holzgesetze. Die Klus wurde im ausgehenden 18. Jahrhundert zur Dorfschule umgenutzt und steht heute der Feuerwehr und für den Schießsport zur Verfügung.

Von großer Bedeutung sind die Überreste der im Wiehengebirge gelegenen Ringwallanlage Babilonie. Das einst rund 12 Hektar große Graben- und Wallsystem bezeugt die mehrtausendjährige Siedlungsgeschichte des Ortes. Forscher sehen aufgrund von Metall- und Keramikfunden die erste Epoche der Burg in der vorrömischen Eisenzeit. Später diente sie als Schutz- und Fliehburg und bis ins Mittelalter als Herrschafts- und Verwaltungssitz.

Nur rund 1,5 Kilometer südwestlich des Stadtzentrums von Lübbecke liegt das Gut Obernfelde. Das erstmals 1540 erwähnte ehemalige Rittergut bildete im Herbst 2007 den Rahmen für die Gründung des Vereins »Herrenhäuser und Parks im Mühlenkreis«.

Stockhausen

1(MittelalterlicheInnenstadt&lebendigeDörfer)-2(Dörfer)-WappenStockhausen

Das historische Zentrum der Bauerschaft Stockhausen, die um 1280 erstmals namentlich erwähnt wurde, ist die heute noch sehenswerte Wasserburg Stockhausen mit Taubenturm und dem Friedhof im Telgtengarten. Auch ein Gotteshaus steht in Stockhausen: die 1885 erbaute Kirche der altlutherischen Petrusgemeinde.

Im Bundeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ errang Stockhausen 1995 die Goldplakette. Dazu beigetragen hat neben den sehenswerten bäuerlichen Anwesen mit Heuerlingshäusern im landestypischen Fachwerkstil, von denen 19 Objekte unter Denkmalschutz stehen, wohl vor allem die außerordentlich umtriebige Dorfgemeinschaft.

Nach weiteren Auszeichnungen für ihre Bemühungen um den Erhalt von Hofeichen, Streuobstwiesen und Bauerngärten sowie der Traditionen und der landwirtschaftlich geprägten Strukturen machte sie zuletzt 2019 bundesweit von sich reden. Das Ziel, bei der Europawahl eine Wahlbeteiligung von 80 Prozent oder mehr zu erreichen, wuchs sich zu einem freundschaftlichen Wettstreit mit der Gemeinde Rosendahl im Kreis Coesfeld aus. Mit vielfältigen Aktionen, einem Konzert und einem „Europafest der Demokratie“ am Wahltag wurde das Ziel mit 74,44 Prozent zwar verfehlt, der Wettbewerb aber mit hauchzarten 0,11 Prozent Vorsprung gewonnen – und ein starkes Zeichen für die Demokratie gesetzt.

Die Dorfgemeinschaft Stockhausen bietet nach Vereinbarung Führungen und Kutschwagenfahrten an. Am Begegnungszentrum, der ehemaligen Schule, finden neben dem Stockhauser Markt und regelmäßigen Backtagen zahlreiche weitere Veranstaltungen statt.