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Eine Stadt macht Theater

Mitmacherinnen und Mitmacher weiterhin gesucht

Lübbecke. Aus dem fernen Dresden kommend, sind sie längst ein vertrauter Anblick im Lübbecker Stadtbild: Der Regisseur Mario Holetzeck und die Dramaturgin Franziska Fuhlrott sind seit Monaten immer wieder zu Gast, weil sie Großes in und mit der Stadt am Wiehen vorhaben: Federführend verantworten sie die ehrgeizigen Theater-Projekte zum Stadtjubiläum.

Das Kreativ-Duo wohnt in Gästewohnungen mitten in der Stadt und fühlt sich in Lübbecke „pudelwohl“, wie Fuhlrott betont. Und wer die beiden arbeiten sieht, am Tisch im Café Küpers am Markt oder im Austausch mit Lübbeckerinnen und Lübbeckern, der sieht sie meistens lachend. Was sie tun, scheint Spaß zu machen. Das gilt auch für die dritte im Bunde, die Choreografin Gundula Peuthert aus Leipzig.

Mario Holetzeck ist Autor, ehemaliger Professor für Schauspielregie und ein Theater-Urgestein. In seiner Karriere hat er beinahe jeden namhaften Stoff auf die Bühne gebracht. Shakespeare, Goethe, Schiller, Brecht, Kafka – große Kunst mit großen Schauspielern in großen Bühnenbildern.

Und jetzt Episoden aus der Geschichte des kleinen „Hlidbeki“, dargestellt von Bürgerinnen und Bürgern? Die Arbeit mit Laienschauspielern ist für den Regisseur und seine kongeniale Dramaturgin keine Premiere – und vor allem kein Widerspruch zum Wirken an etablierten Häusern. Das Theater als Kunstform leuchte umso strahlender, je freier es sich entfalten könne, sagt Holetzeck. Und: „Wer die Arbeit mit Laien scheut, traut sich selbst nicht genug zu.“

Fuhlrotts und Holetzecks erster Aufschlag wird „Stadthalle goes Underground“ sein. Hinter dem etwas sperrigen Titel verbirgt sich eine Art Entdeckungsreise durch Lübbeckes „Gute Stube“, die ihrerseits im nächsten Jahr Jubiläum hat: Seit 50 Jahren ist das Kleinod im ländlichen Raum den Menschen aus Lübbecke und Umgebung ein Fenster in die weite Welt der Kultur.

Wirklich vertraut jedoch dürfte den meisten bestenfalls die „Vorderseite“ der Stadthalle sein, der Saal und der Jugendraum, das Foyer und die Garderobe sowie vielleicht, gewissermaßen notgedrungen, die Sanitärräume. Spannende Einblicke hinter und – daher der Name – unter die Kulissen soll „Underground“ eröffnen, künstlerisch, wie es sich für ein Theater gehört. Zudem soll die Veranstaltung Türöffner und Appetithappen sein für den Höhepunkt der Kultursaison 2024/25: Das große Stadt-Theater-Spektakel auf dem Marktplatz im Jubiläums-Juli 2025.

Für beide Projekte bedarf es der Mitwirkung der Lübbeckerinnen und Lübbecker. Skeptiker könnten einwenden, dem Ostwestfalen eile der Ruf voraus, wortkarg und etwas spröde zu sein. Wie schwierig ist so eine Inszenierung in einem Landstrich, in dem „Sprache zwar vorkommt, aber nur wenn nötig“, wie Kabarettist Harald Meves es formulierte? „Quatsch“ sei das, sekundiert der Regisseur und verweist auf die Freilichtbühne Nettelstedt, eines der ältestesten Amateur-Freilichtheater Deutschlands: „Die Leute hier hatten schon Bock auf Theater, da waren meine Eltern noch nicht geboren.“

Noch müsse zwar kräftig kommuniziert werden, um die Reihen zu schließen, aber es sehe schon gut aus, gibt sich das Duo optimistisch. Drei „Sorten“ Lübbecker hätten sie inzwischen kennengelernt, erklärt Fuhlrott mit einem Augenzwinkern: die Mutigen, die sofort Feuer und Flamme seien, die Vorsichtigen, die sich langsam herantasteten, und inzwischen „zum Glück auch ein paar ehemals Vorsichtige“.

Allen, die schon dabei sind, und allen, die noch dazukommen, versprechen die beiden eine „wunderbare Erfahrung, an der man als Mensch enorm wachsen“ könne. Nicht selten entdeckten zuvor „Unbeleckte“ bei dieser Arbeit nicht nur eine neue Leidenschaft, sondern ganz neue Facetten ihrer selbst, sagt Holetzeck. Und er fügt hinzu: „Ich kenne niemanden, der mir hinterher gesagt hätte, es habe keinen Spaß gemacht.“

Die Proben zu „Stadthalle goes Underground“ sollen in Kürze beginnen. Mit von der Partie werden Musiker und Tänzer aus Lübbecke sein, die das Theatergeschehen kreativ flankieren. Über Einzelheiten der Inszenierung hält der Regisseur sich bedeckt, verrät nur etwas zum Ablauf. Holetzeck: „Wir fangen draußen am Brunnen an und leiten das Publikum von dort heinein.“ Gruppenweise gehe es dann durch einen Zirkel von Darbietungen, die unbekannte Räume erschließen und erlebbar machen.

Mutige und Noch-Vorsichtige sind nach wie vor eingeladen, sich aktiv zu beteiligen, als Laienschauspieler wie als helfende Hände. Es locken nicht alltägliche Einblicke und wertvolle Erfahrungen in kreativer Teamarbeit, angeleitet von Meistern ihres Fachs. „Wer weiß, wann sich so eine Gelegenheit mal wieder bietet?“, gibt Franziska Fuhlrott zu bedenken. Den Kontakt stellt die städtische Kulturmanagerin Linda Kowsky her. Sie ist telefonisch unter (0 57 41) 276 -168 oder per E-Mail an l.kowsky@luebbecke.de zu erreichen.